Falsche Freunde im Italienischen: falsi amici

Als ich gerade ein Jahr Französisch am Gymnasium gelernt hatte, fuhren wir in den Urlaub an die Cote d’Azur. Da ich die einzige aus der Familie war, die Französisch ‚konnte‘, oblag es mir, in den Restaurants die Bestellung zu übernehmen. Um den Salat anzumachen, bestellte ich ganz selbstverständlich l’essence (Essig = essence). Der Ober schaute mich etwas verwirrt an, lächelte und brachte mir das Gewünschte. Beim Reichen der Essigflasche sagte er dann (in sehr gutem Deutsch!): beim nächsten Mal bestelle besser ‚le vinaigre‘, nicht, dass Dich jemand beim Wort nimmt und dir Benzin (l’essence) bringt!

Das war meine erste Erfahrung mit den ‚falschen Freunden‘. Andere folgten, auch dank meiner vielen Studenti, und über die will ich dir hier berichten.

‚Caldo‘ heißt nicht ‚kalt‘ auf Italienisch

falsi amici caldo

 Ein typischer falscher Freund, gerade wenn du als Deutscher Italienisch lernst, ist die quasi automatische Zuordnung von ‚caldo‘ zu ‚kalt‘. Wie oft ist meinen Studenti im Laufe einer Erzählung herausgerutscht: Pioveva sempre, faceva così caldo! (Es regnete die ganze Zeit, es war so – warm!)

Auf meine vorsichtige Rückfrage: veramente caldo? Oppure intendi freddo? (echt warm? Oder meinst Du vielleicht kalt?) folgte ein kurzes Stutzen, dann ein Lachen und ‚Mist, ja, natürlich meinte ich ‚freddo‘.

Warum aber sagt man im Italienischen ‚caldo‘ für warm?

Das Wort kommt vom Lateinischen ‚calidus‘. Das musst Du natürlich nicht wissen, aber vielleicht hilft Dir diese Erklärung?

Nochmal zum Wiederholen und Einprägen: caldo ist warm und kalt ist freddo.

I ‚parenti‘ sind nicht die ‚Eltern‘ auf Italienisch

parenti

Bei diesem falschen Freund stehen uns Fremdsprachenkenntnisse eindeutig im Weg! Oft können meine studenti Worte aus dem Englischen oder Französischen ableiten und das erleichtert dann das Lernen. Doch in diesem Fall leiten sie in die Irre.

Denn die englischen ‚parents‘ sind mitnichten die italienischen parenti, sondern die genitori!

Warum sagt man im Italienischen genitori für Eltern?

Im Italienischen wird viel deutlicher ausgedrückt, wem wir unser Dasein zu verdanken haben. Nämlich unseren Erzeugern!

Auch hier steht die lateinische Sprache mit dem Verb ‚generare‘ (erzeugen) Pate.

Nochmal zum Wiederholen und Einprägen: parenti ist die Verwandtschaft und genitori sind die Eltern!

Il ‚dirigente‘ ist nicht der ‚Dirigent‘ auf Italienisch

dirigente

Dabei wär’s doch eigentlich so einfach und klingt ja auch so gut! Allein beim Aussprechen des Wortes dirigente sieht man förmlich den Dirigenten vor sich, wie er mit Hingabe dirigiert, das Orchester mit großen und kleinen Bewegungen zu einer formvollendeten musikalischen Darbietung antreibt – und dann das: der (echte) dirigente hat einen eher nüchternen Job, nämlich den des Managers! Der Dirigent heißt im Italienischen ganz anders, nämlich maestro!

Warum sagt man im Italienischen maestro für Dirigent? Bereits seit dem frühen Mittelalter wurden  Musiklehrer, Chor- und Orchesterleiter als maestri (magister capellae) bezeichnet.  Heutzutage heißen all diejenigen maestri, die ihren jeweiligen Fachbereich so beherrschen, dass sie ihn auch lehren können (maestro da sci ecc.). 

Nochmal zum Wiederholen und Einprägen: il dirigente ist der Manager und il maestro ist der Dirigent!

Il ‚regalo‘ ist nicht das ‚Regal‘ auf Italienisch

regalo

Und wieder leitet ein falscher Freund in die Irre. Regal – regalo klingt so einfach, so logisch! Dabei haben die beiden Wörter ganz und gar nichts gemein, nicht einmal eine ableitbare Ethymologie.

Letzthin erzählte im Kurs eine durchaus schon fortgeschrittene Studentessa ‚il fine settimana abbiamo montato un nuovo regalo‘ (am Wochenende haben wir ein neues Geschenk aufgestellt). Und dann bemerkte sie es selbst: Madonna, scaffale – non regalo! (Regal, nicht Geschenk!)

Warum sagt man im Italienischen regalo zu Geschenk?

In diesem Fall kommt das Wort aus dem Spanischen: als regalo wurden die Geschenke der Untergebenen an den König (galante con El Rey) bezeichnet.

Nochmal zum Wiederholen und Einprägen: lo scaffale ist das Regal und il regalo ist das Geschenk! 

I ‚confetti‘ sind nicht ‚Konfetti‘ auf Italienisch

confetti

Letzthin waren wir zum Carnevale in den Marken. Mein Mann lernt mit großer Begeisterung Italienisch und als kommunikativer Mensch wendet er seine Kenntnisse auch gerne sofort an. Als nun die Tochter unserer Freunde Konfetti warf, kommentierte er die Aktion mit den Worten: anche in Germania lanciamo i confetti. Auf einen ersten Moment des Stutzens, Grinsens, Blicke-Austauschens mit der mamma (Manuela) folgte eine kurze, aber prägnante Richtigstellung von Seiten der kleinen Nicole: coriandoli, Miki, si chiamano coriandoli!

Warum heißen im Italienischen die Konfetti ‚coriandoli‘?

Ursprünglich warf man zum Carnevale mit Zucker umhüllte Koriandersamen (semi di coriandolo), dann Kreidekügelchen, die irgendwann von den farbigen Papierfetzen ersetzt wurden, die man heute verwendet.
Allerdings wirft man in Italien tatsächlich auch ‚confetti‘ – allerdings sind diese aus einem anderen Material und werden zu einem anderen Anlass geworfen: es handelt sich hierbei um die mit weißem Zuckerguss überzogenen Mandeln, die anlässlich einer Hochzeit beim Kirchenausgang geworfen werden oder als Geschenk an die Hochzeitsgäste bei jedem Teller liegen.

Nochmal zum Wiederholen und Einprägen: i confetti sind Zuckermandeln und die Konfetti heißen coriandoli! 

‚Dangeroso‘ ist nicht italienisch!

dangeroso

Und hier noch ein Wort, das zwar kein echter falscher Freund ist, aber gute Chancen hat einer zu werden (zumindest im englischsprachigen Raum!). Als kürzlich ein studente von einem gefährlichen Abstieg in den Bergen erzählte, verwendete er folgende Worte: abbiamo fatto una discesa molto dangerosa. Jeder von uns hat sofort kapiert, was er sagen wollte – doch leider: dangeroso ist nicht italienisch. Ich muss allerdings zugeben, dass es sehr schön, sehr italienisch klingt!

Wie sage ich ‚gefährlich‘ auf Italienisch?

Am besten verwendest du ‚pericoloso‘, also ‚abbiamo fatto una discesa molto pericolosa‘. Du könntest aber auch sagen ‚insidiosa‘ oder ‚impegnativa‘,  wobei impegnativa eher ausdrückt, dass der Abstieg ziemlich anspruchsvoll war. 

Nochmal zum Wiederholen und Einprägen: gefährlich ist pericoloso, dangeroso ist (noch) kein italienisches Wort! 

Dies waren jetzt nur 5 (6) von sehr viel mehr Falschen Freunden, welche die italienische Sprache bereichern und zu Verwirrungen, aber auch zu manchen lustigen Momenten führen können. Ich hoffe, Du hattest so manchen Aha-Moment!

Wie steht es mit Deinen Kenntnissen um die falsi amici? Wenn Du Lust hast, dann klicke auf Falsi amici und mache die Übung, die ich erstellt habe (mit Lösung). Buon divertimento!

Vielleicht hast Du ja selbst ein paar Falsche Freunde kennengelernt? Ich freue mich auf Deine Rückmeldung!