Warum ich das Trentino so liebe
Gehörst du zu den typischen Gardasee-Urlaubern? Jenen, die möglichst viele Nachbarn aus Deutschland (München) am Lago treffen wollen? Am liebsten auch dort nur Deutsch sprechen und den Spritz für das hiesige Nationalgetränk halten? Dann ist dieser Artikel nichts für dich!
Nein? Du siehst das anders? Ich auch! Denn ich schreibe über das Trentino, eine Provinz, die noch ihre Traditionen bewahrt hat und ihre wenigen Touristen liebevoll empfängt.
Inhaltsverzeichnis
Ich muss gestehen, dass meine ersten Italienaufenthalte auch am Gardasee stattfanden – für Münchner ist der See, salopp gesagt, einfach um die Ecke. Doch je besser mein Italienisch wurde und je häufiger ich mich mit dem Land beschäftigte, desto häufiger zog es mich in die stillen Täler fernab vom See und ich entdeckte versteckte Schönheiten, jahrhundertealte Legenden und Menschen, die diese Region prägen. Darüber schreibe ich heute.
Das Trentino – die unbekannte Schwester Südtirols
Die Geschichte des Trentino beginnt nach dem 1. Weltkrieg. Bis dahin war die Provinz Teil Österreich-Ungarns und während des Krieges Schauplatz entsetzlicher Stellungskriege.
Heute bildet das Trentino zusammen mit Südtirol eine Region (von 20!) und verfügt über einen Sonderstatus mit Autonomie im Fiskal- und Verwaltungsbereich – was zu großem Neid im Rest Italiens führt! Deutsch ist die erste Fremdsprache. Bereits in der Grundschule (scuola elementare) wird sie gelehrt, doch es sind in erster Linie die Älteren, die Deutsch sprechen. Wie zum Beispiel unser ehemaliger Vermieter, der 85-jährige Nonno, der immer wieder ein deutsches Wort in seinen italienischen Redefluss einfließen lässt.
Meine Lieblingsgeschichten über das Trentino
Trient – Vigil und die Holzpantoffeln
Es begab sich im Jahre 397, dass im damaligen Tridentum die Stelle des Fürstbischofs vakant wurde. Ein gewisser Vigil, Sohn reicher Eltern aus Rom, wurde von seiner Mutter in ihre ehemalige Heimat geschickt, auf dass er ‚etwas Sinnvolles in seinem Leben mache‘. Und so begann er mit der Christianisierung des ehemals heidnischen Gebiets. Seine ersten drei Missionare überlebten nicht lange, doch Vigil ließ Milde gegenüber den Tätern walten und beschloss selbst zu missionieren. Er machte seine Sache wohl ziemlich gut, denn bis 405 gewann er viele Anhänger.
Doch eines Tages, im Val di Sarca, übertrieb er es mit der Missionierung: Als er zwei Statuen heidnischer Gottheiten in den Fluss warf, griffen ihn die Bewohner mit Stöcken und ihren Holzpantoffeln an und töteten ihn. Der Leichnam wurde ans Ufer gespült und nach Trento gebracht. Seine Reliquien sind heute in der Krypta zu besichtigen. Betrachtet man eine Darstellung des Hl. Vigil, so sieht man ihn immer mit einem Stock und einer Holzpantine!
Ferrari – Der Champagner des Trentino
Was macht ein junger Mann, der sich nichts Geringeres vornimmt, als den besten Spumante Italiens zu kreieren? Er geht nach Frankreich, nach Montpellier an das legendäre Weinbauinstitut! Der junge Mann war Giulio Ferrari und seine Zielstrebigkeit führte dazu, dass Ferrari heute weltweit bekannt ist. 1879 in einer Weinbauernfamilie in Trento geboren, lernte er in Montpellier alles, was es über Champagner und die klassische Flaschengärung zu wissen gab. Nach Jahren in Frankreich, Deutschland und Tunesien kehrte er 1901 voller Ideen und ungebremstem Tatendrang nach Trento zurück und entwickelte seinen Trentiner Champagner.
1945 konnte Ferrari seinen ersten Riserva präsentieren – nicht wirklich geplant, aber nachdem er in den Wirren des zweiten Weltkriegs seine Jahrgänge 1937/38/39 hatte einmauern lassen, konnte er bei der Wiedereröffnung des Weinkellers zufrieden feststellen, dass ‚der alte‘ nun noch mehr perlte!
Der Ferrari Brut von heute wird im Übrigen noch immer nach der damals von Giulio Ferrari entwickelten Metodo Classico produziert.
Du möchtest den köstlichen Ferrari Brut vor Ort kosten? Dann komme vom 02.-06.10.24 mit nach Trento
La salsa dell’orso – Wie kommt der Bär in die Sauce?
“Im Trentino sind die Bären los“ titelten auch überregionalen Zeitungen in den letzten Jahren. Was war passiert? Aus einem eigens angesiedelten Pärchen hatte sich eine gut 70-köpfige Bärenkolonie entwickelt, die sich immer wieder einmal in der Nähe eines Sees oder auf Bergstraßen sehen ließ. Doch dann kam es zu tatsächlichen Angriffen. Nach einer diesmal tötlichen Attacke auf einen Jogger, ist die Diskussion um den Umgang mit den Bären nun sehr viel erbitterter. Doch eine wirkliche ‚Lösung‘ ist nicht in Sicht.
Mit der ‚Bären-Sauce‘ haben diese Bären natürlich nichts zu tun.
Die Salsa dell’orso ist nämlich eine sehr rare Köstlichkeit, die aus der Cicerbita Alpina (Radicchio dell’orso) gemacht wird. Es handelt sich dabei um einen wild wachsenden Strunk, der auf etwa 2000 Metern Höhe gedeiht und dessen Erntezeit sehr kurz ist. Das macht ihn zu einem seltenen (und teuren) Gemüse.
Warum aber nun ‚dell’orso‘?
Man geht davon aus, dass der Alpen-Milchlattich die erste Pflanze ist, die der Bär nach seinem Winterschlaf zu sich nimmt!
Santa Massenza – Das (ehemalige) Nizza des Trentino
Blickt man heute von den Höhen des Castel Madruzzo auf die andere Talseite, so sieht man auf ein die Landschaft ziemlich verschandelndes Elektrizitätswerk. Dass es für die Gegend von immenser Bedeutung und in seinem Inneren auch höchst interessant, ist unbestritten, doch wenn man die Vergangenheit des kleinen Ortes kennt, kommt Wehmut auf.
In Santa Massenza gab es dereinst nicht nur die ersten Olivenhaine des Trentino, es bogen sich Palmen im pünktlich um 16.00 Uhr vom Gardasee eintreffenden Wind (L’ora) und – es gab die erste Badeanstalt. Dank der geschützten Lage war der kleine Ort eine beliebte Sehenswürdigkeit für Deutsche, Österreicher und Italiener.
Von diesem Ambiente ist leider nichts mehr zu sehen, doch wenn man am Ufer des Sees steht, den warmen Wind in den Haaren spürt, kann man sich – zumindest ein bisschen – in die damalige Zeit zurück träumen.
Geselligkeit im Trentino – La gente con la corazza dura
Als ich neulich mit einer Gruppe bayerischer Unternehmerinnen im Trentino zu Besuch war, gehörte ein gemeinsamer Abend mit einigen Trentiner Unternehmerinnen zum Programm. Nach einer ersten etwas vorsichtigen und zurückhaltenden Annäherungsphase wurde es ein wunderbarer, sehr entspannter, fröhlicher Abend. Bei der Rückkehr ins Hotel stellten meine Teilnehmerinnen fest: die Trentinerinnen ähneln uns schon sehr und die Probleme sind auch keine anderen!
Was will ich damit ausdrücken?
Natürlich gibt es – wie überall – solche und solche, aber wenn man im Trentino die zunächst etwas ‚harte‘ Schale durchdrungen hat, sind die Trentiner ungemein hilfsbereit, zugewandt, großzügig und absolut interessiert! Und Du kannst Dein Italienisch üben – denn das ist der große Vorteil gegenüber Südtirol! Jeder Trentiner freut sich ungemein, wenn Du zumindest ein bisschen seine Sprache sprichst und wird sich mit viel Geduld und Nachsicht gerne mit Dir unterhalten!
Du willst Dein Italienisch üben oder endlich damit anfangen? Wie wär’s vom 02. – 06.10.2024?
Die Dolomiten – Einsame Täler und wilde Klettersteige
Als wir das erste Mal eine Tour in die Brenta unternahmen, war ich überwältigt von der Größe, Steilheit und Kargheit der Berge. Wenn man Glück hat und nicht gerade eine Gruppe Kletterer in den Felstürmen hängt, die gegenseitig die nächsten Schritte kommentiert, herrscht hier himmlische Ruhe. Ab und zu unterbrochen von den Dohlen, die sich kreischend nach unten stürzen: Eine absolut mystische Szenerie!
Mit den Südtiroler Dolomiten haben die Brenta Dolomiten einiges gemein: Wie ihre weltbekannten Nachbarn gehören auch sie zum Weltkulturerbe. Wer ambitioniert klettern möchte, ist hier genauso gut unterwegs wie der eher gemütliche Wanderer. Auf den Hütten kann man auch im Trentino sehr gut speisen – nicht so ’sternenlastig‘ wie in Südtirol – aber muss es das überhaupt sein? Was hier jedoch anders ist: Es herrscht kein Hype um die Berge. Sie sind ein Teil des Ganzen, beeindruckend in ihrer Ursprünglichkeit und Habitat für scheue Tiere und seltene Pflanzen.
Unser erster Versuch eine Wohnung in Italien zu mieten, war übrigens am Gardasee: die Beschreibung klang wunderbar, die Vermieterin (eine Italienerin aus Hamburg) sehr nett. So fuhren wir also an einem der ersten Frühlingswochenenden am Westufer zwischen Limone und Tremosine hoch in die Berge und waren begeistert: ein wunderbarer Ausblick auf den See, ein nettes kleines Dorf, ein sympathisches Ambiente. Und dann? Lauter Autos mit Münchner Kennzeichen und die Begrüßung: Ah, seid’s ah da! So haben wir uns dann doch lieber für eine Wohnung in einem ebenso netten kleinen Ort mit Aussicht auf einen viel kleineren See entschieden, wo wir (fast) die einzigen Deutschen waren!
Kennst Du das Trentino und Südtirol? Hast Du dort einen Lieblingsort?
Vielleicht möchtest Du etwas darüber erzählen? Ich würde mich sehr freuen mehr zu erfahren!
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